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Arbeit und Soziales in der Haushaltsdebatte 2025 - 1. Lesung

von Noah Baum | 10. September 2024

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

In den vergangenen Wochen haben wir uns also intensiv in den Regierungsentwurf einarbeiten können, und eines fällt sofort auf: Mit einem Volumen von fast 180 Milliarden Euro bleibt dieser Etat das Dickschiff im Bundeshaushalt. Zwar schrumpft dieser Einzelplan 2025 im Vergleich zum laufenden Haushaltsjahr um 100 Millionen Euro. Jedoch ist das nicht auf die Umsetzung dringend notwendiger Reformen zurückzuführen, sondern fast ausschließlich auf Verlagerungen aus der Steuer- in die Beitragsfinanzierung.

Ich denke, in der Ampel wird es in den kommenden Wochen noch viel zu diskutieren geben. Für mich gibt es dabei drei besondere Knackpunkte.

Der erste Punkt betrifft den Eingliederungstitel. Mit insgesamt 9,3 Milliarden Euro liegt das Gesamtbudget SGB II sogar um 600 Millionen Euro über dem aktuellen Finanzplan. Trotzdem wird von Gewerkschaften, Sozialverbänden und Jobcentern schon massive Kritik geübt, es sei zu wenig Geld vorhanden und im Vergleich zum vergangenen Jahr stark gekürzt worden. Auch aus dem BMAS haben wir schon den Wunsch vernommen, dass im parlamentarischen Verfahren zusätzliche Gelder zur Verfügung gestellt werden müssen. Ich frage mich daher: Wieso wurden diese Gelder dann nicht sachgerecht und ordnungsgemäß veranschlagt? Da wir diese Diskussion jedes Jahr aufs Neue führen, hätte ich eine Idee: Wieso koppeln wir die Eingliederungsausgaben nicht einfach an die Arbeitsmarktsituation und schaffen somit Klarheit durch Indexierung? Das würde nicht nur die Effizienz und Flexibilität der Mittelverwendung erheblich verbessern, sondern auch zu einer nachhaltigeren und verantwortungsvolleren Budgetplanung führen.

Zweitens, die Rente. Dass unser Rentensystem in maximale Schieflage geraten ist, dürfte mittlerweile jedem klar sein. Unser eigentlich umlagefinanziertes System muss durch Steuern gestützt werden, und zwar laut Regierungsentwurf im kommenden Haushaltsjahr mit utopischen 115,8 Milliarden Euro. Das sind fast 65 Prozent des gesamten Arbeits- und Sozialetats. Der Regierungsentwurf sieht nun vor, dass der zusätzliche Bundeszuschuss bis 2027 um 2 Milliarden Euro gemindert werden soll. Das hört sich zwar zunächst nach Konsolidierung an, ist aber eine weitere Verschärfung der ungerechtfertigten Finanzierung versicherungsfremder Leistungen, wie unter anderem der Rente mit 63. Ohne eine Reform der versicherungsfremden Leistungen und Vorruhestandsregelungen wird sich die Belastung der Beitragszahler aber deutlich erhöhen. Das wäre absolut unfair für unsere Kinder und Enkelkinder und damit generationenungerecht. Folgerichtig wäre doch, das Problem an der Wurzel zu packen und beispielsweise die Abschläge beim Vorruhestand zu erhöhen. Das schaffte nicht nur finanzielle Puffer, sondern auch Arbeitsanreize.

Drittens, das Bürgergeld. Im Regierungsentwurf werden dafür 36 Milliarden Euro veranschlagt, davon 25 Milliarden Euro für das Bürgergeld und 11 Milliarden Euro für die Beteiligung des Bundes an Leistungen für Heizung und Unterkunft. Schon im vergangenen Jahr wurde sich bei der Haushaltsaufstellung hier massiv verschätzt, und dieser Fehler musste durch einen milliardenschweren Nachtrag korrigiert werden. Wir können also nur hoffen, dass es sich bei den aktuellen Ansätzen um realistisch veranschlagte Summen handelt, die am Ende des kommenden Jahres nicht wieder Nachträge erfordern. Außerdem ist auch die Ankündigung einer Nullrunde beim Bürgergeld richtig; denn die Erhöhung zum Jahresbeginn lag deutlich über der tatsächlichen Inflation.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bin davon überzeugt, dass wir unbedingt Einsparungen brauchen, gerade auch im Sozialbereich, und zwar nicht, weil ich Menschen, die eh schon nichts haben, etwas wegnehmen will, sondern weil unsere Sozialsysteme marode und komplett ineffizient geworden sind. Tricksereien wie etwa die viel zu geringe Veranschlagung beim Bürgergeld - ich bedauere wirklich, dass ich das hier so klar sagen muss - sind Wasser auf die Mühlen von rechts und links.

Was es nun braucht, sind nachhaltige und mutige Reformen und kein Rentenpaket II in der jetzt vorliegenden Fassung, dem ich so als Liberale und Mutter von drei Kindern niemals zustimmen könnte. Wir müssen also im Einzelplan 11 über die Prioritäten ins Gespräch kommen. Das bedeutet zum einen eine realistische Veranschlagung der großen Ausgabetitel, also Rente, Bürgergeld und Eingliederung, aber eben auch Änderungen an den zugrunde liegenden Gesetzen. Bei der Rente müssen wir uns über die Zukunft der versicherungsfremden Leistungen unterhalten, und beim Bürgergeld muss das grundlegende Prinzip des Förderns und Forderns wieder mehr in den Mittelpunkt gerückt werden. Stärken und belohnen wir die Hilfe zur Selbsthilfe, das zentrale Anliegen unseres Sozialstaats, dann sind die Anreize richtig gesetzt. Nur so tragen wir dem gesellschaftlichen Gerechtigkeitsgefühl wieder Rechnung und sind fair im Hinblick auf unsere nachfolgenden Generationen.

Ich danke Ihnen.

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