Rede zur Erbschaftsteuer
von Noah Baum | 01. Dezember 2022
Die von der Union in ihrem Antrag "Erbschaftsteuer durch die Hintertür" angeprangerte Anpassung des Bewertungsgesetztes über das Jahressteuergesetz ist notwendig, da das Bundesverfassungsgericht zweimal, erst 2006, und dann erneut 2018, anmahnte, dass alles, was vererbt wird, gleichermaßen nach dem Verkehrswert zu bewerten ist. Egal ob Barvermögen, ein Aktiendepot oder eben auch Immobilien.
Nun sind in den vergangenen Jahren die Immobilienpreise kontinuierlich und deutlich angestiegen. Der Immobilienbesitzer und spätere Erblasser hat also auch tatsächlich ein höheres Vermögen, sodass auch ein höherer Nachlass vererbt wird. Die angestrebte „Gerechtigkeit“ in der Immobilienbewertung und späteren Erbschaftsbesteuerung ist aber schon lange nicht mehr gegeben.
Nach den bisherigen Bewertungsprinzipien kann es vorkommen, dass der Verkehrswert deutlich unterschritten wird – hier entsteht also eine „Grauzone“, die laut Verfassungsgericht geschlossen werden muss!
Durch die angestrebte Neuregelung stellen wir nun sicher, dass die Grundbesitzbewertung zu realistischen Wertermittlungen führt. Es werden keine Grundbesitzwerte erhöht, sondern die Anpassungen dienen dazu, die realen Wertverhältnisse am Immobilienmarkt abzubilden.
Unangetastet bleibt zum Beispiel die Möglichkeit für den Erben, einen niedrigeren Verkehrswert durch ein Gutachten zu erbringen. Auch bleibt es bei den bisherigen Regelungen, dass ein Familienheim im Falle des Todes steuerfrei auf den Ehepartner oder die Kinder vererbt werden kann. Denn klar ist: Wer sich etwas aufbaut, für seine Familie vorsorgt, dessen Erben dürfen dafür nicht „bestraft“ werden.
Aus diesem Grund, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union, ist es weder gerecht noch fair, solche Grauzonen nun einfach zu dulden; denn das ist weder verfassungskonform, noch bürokratisch sinnvoll. Außerdem war es auch Ihnen in 16 Jahren Regierungszeit durchaus bekannt, dass die Immobilienpreise massivst ansteigen, die aktuellen Bewertungsregelungen verfassungsrechtlich fragwürdig sind und eine Neuregelung unausweichlich ist. Das hätte auch dem damaligen Bauminister aus Ihren Reihen bewusst sein müssen!
Die nun in Ihrem Antrag formulierte Forderung nach einer Erhöhung der Freibeträge wirkt also wenig glaubwürdig; sie hätten es bis vor gut einem Jahr selbst umsetzen können, haben die Freibeträge aber seit 2009 nicht angetastet. Das sind 13 Jahre; wir regieren nun seit einem Jahr und schließen nun erst einmal von Ihnen hinterlassene Steuerschlupflöcher.
Aber, und das will ich in aller Deutlichkeit sagen, es war „unser“ Fraktionsvorsitzender Christian Dürr, der kürzlich genau diese Debatte um die Erhöhung der Freibeträge öffentlich angestoßen hat. Auch koalitionsintern diskutieren wir das und werden unsere liberalen Überzeugungen selbstbewusst in die Debatte einfließen lassen.
Wie bei der Kalten Progression im Einkommensteuerrecht sollte auch die Erbschaftssteuer an die Inflation angepasst werden um reale Steuererhöhungen, die nicht parlamentarisch legitimiert sind, zu vermeiden.
Wenn man nun eine Erhöhung der Freibeträge anstrebt, was wir durchaus unterstützen, dann müssten wir auch über einen vollständig indexierten Steuertarif in allen Erbschaftsteuerstufen sprechen. Denn nur so kann der inflationären Erhöhung der realen Besteuerung entgegen gewirkt werden.
Wichtig ist uns, dass eine solch komplexe Entscheidung nicht übers Knie gebrochen wird. Als Koalitionäre stehen wir für konstruktive und vor allem legitime Lösung und nicht für Schnellschüsse, liebe Union!
Und ganz nebenbei bemerkt: Eine Erhöhung der Freibeträge führt auf der anderen Seite zu Mindereinnahmen bei den Ländern – da wir hier, wie auch in anderen Bereichen, keinerlei Kompromissbereitschaft im Bundesrat sehen, wäre ein Gesetzesentwurf nicht mehr als „heiße Luft“, eine reine Schaufensterdebatte. Also: Zeigen Sie, liebe CDU/CSU, einen wirklichen Lösungswillen auch im Bundesrat und machen Sie in Zukunft ehrlichere Oppositionsarbeit!
Wir lehnen Ihren Antrag daher ab.